Alessia Marcassoli von der Fondazione IRCCS Istituto Neurologico Carlo Besta in Mailand und Sebastian Friedrich vom Universitätsklinikum Freiburg reisten nach Prag, um das GrowDMD-Projekt auf dem Jahreskongress der World Muscle Society (WMS) 2024 zu vertreten. Gemeinsam präsentierten sie drei wissenschaftliche Poster, die sich mit der zentralen Herausforderung des Übergangs in der Versorgung junger Menschen mit Duchenne-Muskeldystrophie (DMD) befassten.
Drei Forschungsansätze
Das erste Poster (379P) stellte Ergebnisse qualitativer Interviews mit DMD-Betroffenen im Alter von 15 bis 25 Jahren sowie deren Angehörigen aus Deutschland, Italien und Kanada vor. Die Studie zeigte erhebliche Lücken in der Übergangsbegleitung auf: Familien berichteten über fehlende strukturierte Versorgungsstrategien und unzureichende Informationen beim Wechsel von der pädiatrischen in die Erwachsenenmedizin. Besonders deutlich wurde, dass sich viele junge Menschen und ihre Familien in dieser kritischen Phase alleingelassen fühlen.
Das zweite Poster (334P) beschrieb die umfassende Methodik der GrowDMD-Studie, die auf einem integrierten Knowledge-Translation-Ansatz basiert. Die internationale Zusammenarbeit bezieht neben Forschungsteams auch Patientenorganisationen und Patientinnen als aktive Partnerinnen in den gesamten Forschungsprozess mit ein. Ziel ist es, praxisnahe Empfehlungen zu entwickeln, die an unterschiedliche Gesundheitssysteme angepasst werden können und als Modell für die Übergangsversorgung bei seltenen Erkrankungen dienen sollen.
Das dritte Poster (335P) widmete sich der Perspektive von Gesundheitsfachkräften. Es basierte auf Interviews mit 30 Fachpersonen aus den drei beteiligten Ländern. Erste Ergebnisse verdeutlichten die Bedeutung klar definierter Rollen für Patient*innen, Angehörige und medizinisches Personal. Gleichzeitig wurden spezifische Hürden und förderliche Faktoren im Übergangsprozess identifiziert. Die Studie machte deutlich, mit welchen Herausforderungen sich Behandlungsteams konfrontiert sehen – insbesondere angesichts der zunehmenden Lebenserwartung von Menschen mit DMD.
Ein kritischer Versorgungsbedarf im Fokus
Das GrowDMD-Projekt setzt an einem dringenden Bedarf in der DMD-Versorgung an. Mit zunehmender Lebenserwartung gewinnt der Übergang von der pädiatrischen in die Erwachsenenmedizin immer mehr an Bedeutung. Die in Prag vorgestellten Forschungsarbeiten repräsentieren einen systematischen Ansatz, um aktuelle Herausforderungen besser zu verstehen und evidenzbasierte Lösungen zu entwickeln – mit dem Ziel, die Versorgung und Lebensqualität junger Erwachsener mit DMD international zu verbessern.